Es gibt k/ein Selbst? Wie ist das mit dem Selbst im Buddhismus?

In buddhistischen, manchmal auch in philosophischen Kreisen, wird mitunter vehement behauptet, dass es gar kein Selbst gäbe. Je nach Philosophie, Tradition oder Vorstellung, kann „Selbst“ – wie auch „Gott“ – Unterschiedliches bedeuten. Zeit für eine Annäherung.

NICHT-SELBST: Das Selbst, das nicht existiert

Die „falsche Vorstellung vom Selbst“, die im Buddhismus mit dem Begriff Nicht-Selbst verneint wird, bezieht sich i.R. auf die Vorstellung eines ewigen, unveränderlichen, von Körper und Bewusstsein unabhängigen Selbst.

Das ist in etwa die Vorstellung, dass es einen unabhängigen, unzerstörbaren und ewigen Kern der Person oder Persönlichkeit gibt. Man könnte auch sagen, die Vorstellung einer Art Seele, die tief in oder außerhalb von uns – unabhängig von den veränderlichen körperlichen und geistigen Prozessen, unabhängig von Verfall und Tod –, unser wahrer unveränderlicher Kern, unser „wahres Selbst“ ist. Alternativ, die „falsche Vorstellung vom Selbst“ lässt es plausibel erscheinen, dass es da eine zentrale, unabhängige Steuerinstanz gäbe. Da ist Köper und Bewusstsein und noch das Ich, das mit Körper und Bewusstsein zusammen auftritt – nicht ganz identisch, nicht ganz verschieden – aber doch konkret wie ein Boss über Körper und Bewusstsein verfügend. Ein solches Selbst, bzw. solche Arten falscher Vorstellungen von einem Selbst, gibt es nicht.

Die falsche Vorstellung vom Selbst kann man erkennen, wenn man meditiert und zB eine Erfahrung tiefer innerer Ruhe oder Stille macht. Das fühlt sich dann so an, als würde hinter der Erfahrung, die nur ein Ablauf sich ständig ändernder geistiger und körperlicher Prozesse ist, ein Selbst sitzt, eine Person, ein kleines Männlein oder Weiblein oder Wesendazwischen, unabhängig von den Prozessen, das diese Erfahrung macht und besitzt, oder sich nun freut, so eine tolle Erfahrung zu machen oder zu besitzen. Diesen Besitzer, diese Person, unabhängig von sich ständig ändernden geistigen und körperlichen Prozessen, gibt es nicht.

In der indischen Philosophie gibt es den Begriff atman, der grob vereinfacht gesagt die Vorstellung und den Glauben an eine unzerstörbare, von Körper und Bewusstsein unabhängigen, ewigen Essenz der Person repräsentiert.

Alle buddhistischen Schulen sind sich darin einig, dass es ein solches unabhängiges, beständiges Selbst nicht gibt. Die Lehre vom Nicht-Selbst (anatman) im Buddhismus verneint also vor allem die Vorstellung oder den Glauben an ein dauerhaftes und unabhängiges Selbst.

Die Begriffe Selbst, Person, ich und Lebewesen werden im Buddhismus synonym verwendet. 

SELBST: Das Selbst, das existiert

Würde man nun sagen, dass es gar kein Selbst gibt, wäre das nicht richtig. Denn Selbst bezieht sich auf die „Anhäufung“ von Körper und Bewusstsein, einen Haufen sich ständig verändernder Prozesse, die existieren, Wirkungen erfahren und Wirkungen ausüben. Solchen Anhäufungen geben wir einen Namen, Hans, Anna oder Franzi … Hans, Anna oder Franzi existieren. Zu sagen es gäbe kein Selbst, heißt zu sagen, es gäbe die Person Hans, Anna oder Franzi nicht. Das wäre das Extrem des Nihilismus, der Verneinung von etwas Existentem. Eine Person existiert. Wir existieren. Ich existiere. Wir führen Handlungen aus und erfahren Wirkungen von Handlungen … Wir sind nicht etwas Nicht-Existentes wie die Hörner eines Hasen, eine Himmelsblume oder das Kind eines 5jährigen Mädchens.

Ein Selbst, das in Abhängigkeit von Körper und Bewusstsein zugeschrieben wird, existiert. Projektionen, die dieses existente, bloß zugeschrieben Selbst über die Begrifflichkeit in Abhängigkeit hinaus als beständig oder unabhängig erscheinen lassen, gilt es als falsch oder Nicht-Selbst zu erkennen. Diese Vorstellungen haben keine Basis in der Realität, sie sind Fiktionen und existieren nicht, wie die Hörner eines Hasen…

Die Vorstellung eines dauerhaften, unabhängigen Selbst gehört zum Extrem der Dauerhaftigkeit (Eternalismus). Der Buddhismus lehrt den Weg der Mitte, frei von den Extremen der Dauerhaftigkeit und der Vernichtung. Das Extrem der Vernichtung ist die falsche Vorstellung, dass das Selbst zum Zeitpunkt des Todes völlig aufhört zu existieren. Diese Extreme falscher Ansichten oder Vorstellungen sind aufzugeben. Je nach Kontext spricht man manchmal auch statt vom Extrem der Vernichtung vom Extrem des Nihilismus.

NICHT-SELSBT und SELBST in buddhistischen Schriften

Ajahn Amaro betont, dass es im Pali Kanon keine Stelle gibt, wo der Buddha sagt, „es gibt kein Selbst“.

Auf die Fragen „Ist das Selbst identisch mit dem Körper? Oder ist das Selbst verschieden vom Körper“ gab der Buddha keine Antwort.

Schaut man in den Pali Kanon, was der Buddha immer wieder aufzeigte ist, was nicht das Selbst ist. Um das zu verdeutlichen, hier ein Zitat aus dem Girimānanda Sutta:

Und was ist die Betrachtung von Nicht-Selbst (anatta)? Hier betrachtet ein Mönch – der in den Wald oder zum Fuße eines Baumes oder an einen einsamen Platz gegangen ist – dies: ‚Das Auge und sichtbare Gegenstände, das Ohr und Klänge, die Nase und Gerüche, die Zunge und Geschmäcker, der Körper und Tastbares, und der Geist und Gedanken sind nicht das Selbst.‘ Und so meditieren sie, das Nicht-Selbst in den inneren und äußeren Sinnesfeldern betrachtend. Dies wird Betrachtung von Nicht-Selbst (anatta) genannt.

Der Buddha betont also, was alles nicht das Selbst ist. Kein Teil des Körpers, kein Teil des Geistes (Bewusstseins) – der fünf Aggregate (skhandas) – noch Erdelement, Feuerelement, Windelement oder Raumelement sind das Selbst. Nagarjuna in „Der Kostbaren Girlande“ (Ratnavali):

Ein Lebewesen ist nicht Erde, Wasser,
Feuer, Wind oder Raum,
Nicht Bewusstsein und nicht all das zusammen;
Welches Lebewesen gäbe es verschieden davon?

Offensichtlich ist da aber mehr als ein bloßes Nichts. Denn auch wenn kein Wesen, Selbst oder Ich in oder außerhalb der Teile, die ein Lebewesen ausmachen, zu finden ist, auch wenn das Lebewesen (Anna, Hans, Franzi) nicht mit dem Bewusstsein oder dem Körper (oder deren Teilen) identisch ist, ist da doch etwas das wirkt und Wirkungen erfährt – über ein bloßes Nichts hinausgehend. Da ist eine sich ständig ändernde Ansammlung, die Angenehmes, Unangenehmes oder weder-Angenehmes-noch-Unanagenehmes erfährt.

Was da ist, wird von einer vollordinierten Nonne im Pali Kanon erklärt.

Im Vajira Sutta (Samyutta Nikaya 5:10) versucht ein Dämon Angst, Unruhe und Terror in der Bhikkhuni Vajira zu entfachen. Er versucht sie aus ihrer Konzentration zu bringen und fragt sie:

Von wem wurde dieses Wesen erschaffen?
Wo ist der Macher des Wesens?
Wo kommt das Wesen her?
Wo ist des Wesens End’?

Nachdem die Nonne Vajira versteht, dass Mara sie anspricht, antwortet sie ihm:

So wie für den Verbund von Teilen,
Das Wort ‚Wagen’ benutzt wird,
Genauso, wenn die Aggregate gegenwärtig sind,
Gibt es die Übereinkunft ‚ein Wesen’.

Dieses Beispiel wird im Milindapanha vom Mönch Nagasena aufgegriffen, der des Königs Milinda Fragen zu Buddhas Lehre des Nicht-Selbst (anatta) beantwortet. 

Nagasena begrüßt den König, stimmt zu, dass Nagasena sein Name sei, aber dass „Nagasena“ nur eine Bezeichnung ist und kein permanentes Individuum „Nagasena“ gefunden werden kann.

Das amüsiert den König. Er fragt: Wer trägt dann die Roben und nimmt Essen zu sich? Wenn es keinen Nagasena gibt, wer sammelt dann Tugenden oder Nicht-Tugenden an? Wer verursacht Karma? Wenn das, was du sagst, wahr ist, könnte ein Mann dich töten und es würde keinen Mord geben. „Nagasena“ wäre nichts als ein Klang.

Darauf fragt Nagasena den König, wie er zu seiner Einsiedelei gekommen sei, zu Fuß oder zu Pferd? „Ich kam mit einem Wagen,“ sagt der König.

„Aber was ist ein Wagen?“ – fragt Nagasena.

„Sind es die Räder oder die Achsen oder die Zügel oder der Rahmen oder der Sitz oder der Zugstab? Ist es eine Kombination dieser Elemente? Oder wird er außerhalb dieser Elemente gefunden?“

Der König antwortete auf jede Frage mit „Nein“. 

„Dann gibt es keinen Wagen!“ Sagt darauf Nagasena.

Der König erkennt, dass die Bezeichnung „Wagen“ von dessen Bestandteilen abhängt, aber dieser „Wagen“ selbst ein Begriff oder ein bloßer Name ist.

Genau wie im Beispiel mit dem Wagen, sagt Nagasena, ist es mit den Wesen: „Nagasena“ ist eine Bezeichnung für etwas Konzeptionelles. Es ist ein bloßer Name. Wenn die Bestandteile vorhanden sind, nennen wir es einen Wagen; wenn die fünf Skandhas (oder Aggregate; Körper und Bewusstsein) vorhanden sind, nennen wir es ein Lebewesen.

Dieses berühmte Beispiel Selbst bzw. Nicht-Selbst mit dem Wagen zu erklären, findet sich auch in Mahayana Texten und deren Kommentaren. In Chandrakirtis Madhyamakavatara heiß es:

Der Wagen und das Selbst sind ähnlich [6.135b].

Der tibetische Yogi-Mönchs-Gelehrte Tsongkhapa kommentiert dieses Werk in dem er ein (nicht näher benanntes) Sutra zitiert, das sagt: 

So wie in Abhängigkeit der Ansammlung der Komponenten ‚Wagen‘ ausgedrückt wird; Genau so, sagt man in Abhängigkeit der Aggregate konventionell ‚Lebewesen‘.

Noch einmal der Hinweis: Selbst, Person, Ich, Lebewesen oder Wesen haben die gleiche Bedeutung. Diese Begriffe sind in diesem Zusammenhang buddhistisch-philosophischer Analyse synonym.

Der Mittlere Weg

In den buddhistischen Traditionen gibt es eine Übereinstimmung darin, dass es ein Selbst gibt – nämlich, eines, das in Abhängigkeit von Körper und Geist zugeschrieben wird – und, dass es ein permanentes, unabhängiges Selbst nicht gibt. Eine Person handelt, erfährt die Folgen von Handlungen. Personen existierten, Handlungen existieren, Ursache und Wirkungen existieren, heilsam und unheilsam existieren aber eben nicht unabhängig.

Die Lehre des Nicht-Selbst (anatta) heißt also nicht, dass es gar kein Selbst gibt!

Das in Abhängigkeit von Körper und Geist (der skhandas) zugeschriebene Selbst existiert. Dieses bloß zugeschriebene Selbst wird durch die Unwissenheit unabhängiger, beständiger, singularer gemacht als es ist. Diese Projektionen gilt es durch Einsicht als falsch zu erkennen. Verneint werden also falsche Vorstellungen vom Selbst. Anatta heißt dann primär, dass kein unabhängiges, permanentes Selbst existiert.

Im Mahayana Buddhismus wird betont, einen Weg der Mitte zwischen den Extremen des Eternalismus und Nihilismus zu finden. Es gibt kein Selbst, dass unabhängig (aus sich heraus, inhärent), unveränderlich und singular (im Sinne von nicht aus Teilen zusammengesetzt) existiert. Es ist aber auch nicht so, dass es gar kein Selbst gibt. Ein Selbst, das in Abhängigkeit einer geeigneten Basis zugeschrieben wird, das von Ursachen und Bedingungen sowie von Teilen abhängig ist, existiert.

Im Theravada Buddhismus heißt es:

„Alles existiert,” Kaccayana, das ist das eine Extrem, „Alles existiert nicht,” das ist das andere Extrem. Ohne auf eines dieser Extreme einzugehen, lehrt der Tathagata den Dhamma durch den Mittleren Weg. – Samyutta Nikaya 12.15

Hier finden wir eine Aussage des Buddha, nicht in das Extrem der Vernichtung des Selbst („Vernichtung“ [pali: uccheda-ditthi, engl.: annihilation] im Sinne eines zeitweilig existierenden, separaten Selbst, das beim Tod völlig zerstört wird) oder das Extrem eines ewigen Selbst („Eternalismus“ [pali: sassata-diṭṭhi, engl.: eternalism] im Sinne einer beständigen Substanz oder Entität) zu fallen, sondern einen Weg der Mitte zwischen diesen beiden Extremen von völliger Vernichtung und Ewigkeitsglauben zu kultivieren.

Das bloß zugeschriebene Selbst

Gäbe es gar kein Selbst. welchen Sinn würden Aussagen des Buddha wie die nachfolgende machen? 

Auf sich selbst achtend, achtet man auf andere. Auf andere achtend, achtet man auf sich selbst. – Sedaka Sutta

Gar kein Selbst wäre etwas völlig nicht Existentes, wie die Hörner eines Hasen. Es macht keinen Sinn über die Farbe, Größe, den Wert oder den Umgang mit den Hörnern eines Hasen zu reden, denn sie existieren nicht. Gäbe es gar kein Selbst, würde es keinen Sinn machen, Anleitungen zu geben, wie man auf sich oder andere achtet, oder wie man sich aus dem Daseinskreislauf (samsara) befreit und Nirvana erlangt. Auch Darlegungen zur Ethik, heilsamen und unheilsamen Handlungen wären völlig sinnlos – so sinnlos wie Anleitungen zum Reinigen und Aufbewahren von Hasenhörnern.

Ein Selbst, das in Abhängigkeit der Aggregate zugeschrieben wird, das handelt, die Folgen von Handlungen erfährt, existiert. Das nennt man in der Madhyamika Prasangika Schule des Mahayana Buddhismus das „bloß zugeschriebene Selbst“ oder „das bloße Selbst“. Die Aggregate, auf die es zugeschrieben wird, bilden ein Kontinuum sich ständig verändernder körperlicher und geistiger Prozesse. Das Selbst existiert in Abhängigkeit dieser Basis und nicht davon unabhängig. Es ist weder identisch noch völlig verschieden von der Basis der Zuschreibung. Es ist nicht nur ein Begriff im luftleeren Raum. Es ist aber auch nicht mehr als eine Zuschreibung in Abhängigkeit.

Das heutige Selbst ist nicht identisch mit dem Selbst aus der Kindheit aber auch nicht völlig verschieden davon. Mit dem Tod, der Trennung von Körper und Bewusstsein, enden die mentalen Prozesse nicht völlig, setzen sich fort, verbinden sich in Abhängigkeit des beim Sterben aktivierten Karma mit einem neuen Körper und Welt. Das Selbst nach diesem Leben ist nicht identisch mit dem heutigen Selbst, aber auch nicht völlig verschieden davon. (Aber das ist ein anderes Kapitel…)

Was heißt das nun praktisch angewandt?

Wenn man Anna sieht oder wenn sich Anna betrachtet, erscheint da ein unabhängiges Wesen Anna zu sein – nachdem wir dann greifen. Genauso, wie wenn man einen Wagen sieht, da unabhängig, aus sich heraus, ein Wagen zu sein scheint.

Anna scheint mehr als nur ein Name in Abhängigkeit von Körper und Geist zugeschrieben zu sein. Untersucht man nun was genau da „Anna“ ist – wo genau / was genau ist diese „Anna“? –, findet man nichts, das unabhängig von Ursachen und Bedingungen, unabhängig von Teilen und unabhängig von geistigen Zuschreibungen „Anna“ ist. Man greift im wahrsten Sinne des Wortes mental ins Leere. Es gibt keine (unabhängige) Essenz von Anna.

Trotzdem ist da nicht Nichts. Da sind sich ständig verändernde körperlich und geistige Prozesse, die eine Grundlage bilden, diese Anhäufungen „Anna“ zu nennen. (Nur am Rande: auch diese sich ständig verändernden körperlichen und geistigen Prozesse sind wie der Wagen oder Anna nur in Abhängigkeit einer geeigneten Basis zugeschrieben…)

Wird durch Einsicht in die „Selbst-Losigkeit“, das „Nicht-Selbst“, die „Leerheit“ (shunyata) von Anna der Glauben an die Erscheinungsweise eines scheinbar unabhängigen Phänomens „Anna“ erschüttert oder überwunden, löst sich je nach Tiefe der Einsicht, das Greifen und alle damit verbundenen Projektionen in Bezug auf Anna (und letztlich auch auf alle anderen unabhängig erscheinenden Phänomene) auf. Durch das Nicht-Greifen entsteht gelöste Entspanntheit, dadurch kommt der Geist zur Ruhe und ist gleichzeitig mit den Phänomenen der Erscheinungswelt – ohne sich durch Anhaftung, Abneigung oder Gleichgültigkeit unheilsam in sie zu verstricken – auf friedvolle Weise, heilsam, in Verbindung.

Wie wunderbar, wie all dies hier erscheint, die drei Bereiche der Leidenswelt, was nicht vorhanden ist, erscheint jedoch, welch großes Wunder offenbar! – Milarepa

Wem das nun etwas zu kompliziert war, in der neuen Buddhismus aktuell 3/2018 habe ich versucht, diesen Themenkomplex einfacher darzustellen. Hier habe ich mir erlaubt etwas tiefer und mit Schriftzitaten zu arbeiten. Wer die Erklärung hilfreich fand oder ahnt, eine Vertiefung dieses Themas könnte etwas bringen, kann hier auf das Kurs-Wochenende zum Thema „Selbstlosigkeit, Leerheit und Abhängiges Entstehen“ zurückgreifen. Dort finden sich nicht nur systematischere Erklärungen sondern auch Tabellen und Buchempfehlungen zum Thema.

Für Mitgefühl in Aktion habe ich am 7.02.2021 einen Vortrag gegeben, „Kein Ich, kein Karma, keine Wiedergeburt“, dieser steht auf YouTube zur Verfügung:

Über den Autor: Tenzin Peljor studiert und praktiziert Buddhismus seit 1995 und wurde 2006 von der Sangha des Namgyal Klosters und S.H. dem 14. Dalai Lama zum buddhistischen Mönch vollordiniert. Von Ringu Tulku Rinpoche wurde er 2007 zum Residenzmönch für Bodhicharya Deutschland in Berlin berufen, wo er mehrere Jahre als Residenzmönch und Vorstandsmitglied wirkte. Er studierte von 2008–2013 und 2017–2019 am Lama Tsong Khapa Institut in Italien das »Master Programm« buddhistischer Studien. Seit 20 Jahren gibt er Vorträge, Studien- und Meditationenkurse zum Buddhismus. Er engagiert sich u.a. im Strafvollzug, im intermonastisch-interreligiösen Dialog und hat zusammen mit einer Anthropologin ein Programm für Kinder zum Umgang mit Emotionen entwickelt. www.tenzinpeljor.de


Siehe auch


Es gibt k/ein Selbst? Wie ist das mit dem Selbst im Buddhismus?
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8 Gedanken zu „Es gibt k/ein Selbst? Wie ist das mit dem Selbst im Buddhismus?

    • 16. Februar 2023 um 15:49 Uhr
      Permalink

      Eine ausgezeichnet verständliche Erklärung. Sie wäre es durchaus Wert auch im Englischen veröffentlicht zu werden.
      Ein anderes kontroverses Thema ist die unterschiedliche Auffassung bezüglich des vollständigen Erlöschens in den verschiedenen buddhistischen Fahrzeugen.

      Antworten
  • 17. Juni 2018 um 17:38 Uhr
    Permalink

    Trotzdem ist da nicht Nichts. Da sind sich ständig verändernde körperlich und geistige Prozesse, die eine Grundlage bilden, diese Anhäufungen „Anna“ zu nennen.

    Heiliger Strohsack… damit läßt sich Anna dann gut hintergehen und belügen… Wollen Sie Kamikazeflieger ausbilden, oder sich an Wurzelgelübte halten, wie etwa unreifen nicht Leerheit lehren?

    Solch moderner Vipassanaquatsch… besser [En/De] First Things first | Die Ersten Dinge zuerst, Essay by Bhante

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    • 18. Juni 2018 um 21:17 Uhr
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      Vielen Dank für die Links zu den Texten. Habe sie hinzugefügt.

      Venerable Nyanaponika Thera: „… continuous flux of material and mental processes arising from their appropriate conditions, a process which will cease only when these conditions are removed“ – wahrscheinlich war er auch vom „modernen Vipassanaquatsch“ infiziert ;-)

      Es sind erst mal nur Worte, die auf den Fakt subtiler Vergänglichkeit hinweisen … subtile Vergänglichkeit, eine Brücke, sich dem Verständnis der „Selbstlosigkeit“ anzunähern.

      „Unreifen“ nicht Leerheit (oder Selbstlosigkeit) zu lehren, als Teil der Achtzehn Bodhisattva Hauptgelübde (oder Wurzelgelübde), bezieht sich primär auf die Gefahr, dass in Zuhörern ein nihilistisches Verständnis entsteht. Wenn das passiert, besteht die Gefahr, dass Ursache und Wirkung bzw. Karma verneint wird und dass infolge dessen solche Menschen unheilsam handeln, falsch denkend, es existiert ja nix, Handlungen sind „leer“ (=nicht existent), also können sie auch keine Folgen haben; oder: ich existiere nicht, also kann ich auch nicht die Folgen meiner Handlungen erfahren.

      Genau, weil solche nihilistische Ansichten (a la „der Buddha sagte ja es gibt kein Selbst!“) recht oft von Neu-Interessierten des Buddhismus vertreten und verkündet werden, habe ich den Artikel hier gepostet. D.h. er soll vor der Gefahr des Nihilismus schützen und damit eben genau das verhindern, was das 11. Bodhisattva Hauptgelübde bezweckt, „Unreife“ vor falschen, sie schädigenden Ansichten zu schützen.

      Antworten
  • 29. Juni 2018 um 10:51 Uhr
    Permalink

    Hallo Tenzin,
    habe den Artikel „Es gibt k/ein Selbst? …“ mit Interesse gelesen. Toll, was Sie alles im Netzt zur Verfügung stellen. Ich bin keine Expertin für indische Philosophie, aber wie Sie es darlegen, (dass die Lehre vom Atman von allen buddhistischen Schulen als Wahrheit verneint wird, was dann eben in der anatman (Nicht-Selbst) Lehre im Buddhismus dargelegt wird), halte ich für nicht ganz richtig. Ich frage mich, ob der Buddha dies bereits so erklärt hat, wie es heutzutage anscheinend im Buddhismus gelehrt wird.
    Ich bin nicht sehr bewandert in der Theorie im Sanatana Dharma (Hinduismus), aber die Lehre vom Atman meint nicht in unserem gängigen europäischen Verständnis von Persönlichkeit uns Selbst (wie Sie es sehr einfach und anschaulich erläutert haben, finde ich). Ich glaube das Selbst wird aus einem bestimmten Blickwinkel erklärt. Ich möchte zur Hilfe einen brahmachari zitieren, einen Schüler von Amma, Sri Mata Amritanandamayi, der seit über dreißig Jahren von Amma lernt: „atma-anatma viveka: Unterscheidung zwischen dem Atman (dem unveränderlichen Zeugen) und demjenigen, was nicht der Atman ist (alle Objekte, die der Veränderung unterliegen); atma-jnana: Selbst-Erkenntnis; atma samarpanam: Überantwortung an das Selbst; jiivatma-paramatma-aikya-jnanam: Die Erkenntnis, dass das Bewusstsein des Individuums und das universelle Bewusstsein ein und dasselbe sind „. Ich könnte mir vorstellen, dass dies letzte sich auf die Essenz bezieht, denn natürlich kann der Gesiteszustand bei verschiedenen Menschen sicher sehr unterschiedlich sein. Aber das Bewußtsein, der Atman, ist dasselbe.
    Amma hat einmal ein Bsp. genannt, dass wenn man 1000 verschiedene Töpfe mit Wasser z.B. im Garten in die Sonne stellt, dann mögen wir 1000 Sonnen in den Töpfen reflektiert sehen, aber es ist immer die eine Sonne, die reflektiert wird. Genauso gibt es nur einen Atman.
    Also die Lehre von anatman bzw. der Unterscheidung von atman und anatman (atma-anatma viveka) gab es schon wohl sehr lange in Indien. Es ist bestimmt wichtig, auch zu verstehen, was mit Atman gemeint ist, wenn man die Lehre von anatman dann ja auch verstehen möchte. Atman (der unveränderliche Zeuge), ist ja im Buddhismus ebenfalls etwas, was als sehr erstrebenswert gilt, das etwa dann im Verlauf von Meditationspraxis zu verwirklichen, den Zeugenzustand? Ich weiß nicht, ob es dafür einen bestimmten Ausdruck in der Lehre des Buddhas gibt? Vielleicht ist es leichter zu verstehen, dass anatman die Verneinung ist, was alles nicht der Atman ist (eben alle Objekte, die der Veränderung unterliegen), als sich nur vorzustellen, was mit atman gemeint ist. Es ist wohl eine bestimmte Betrachtungsweise oder Beschreibung des Ewigen.
    Amma sagt, dass in einem Samen eines Baumes bereits alles darin enthalten ist, der ganze Baum. Es ist eine Sichtweise eines Samen.
    Falls der Buddha wirklich auch die Lehre von anatma unterrichtet hat, war das bestimmt auch eben aus dem Jahrtausende alten spirituellen Wissen Indiens geschöpft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Buddha mit dem sanskrit Wort anatman etwas anderes erklärt hat, als das, was es eben bedeutet. Er hätte bestimmt dann andere Wörter benutzt. Und anatman schließt ja mit ein, dass es eben auch atma gibt real, würde ich als Laie denken, allein von der heiligen Sprache Sanskrit her. Und der Buddha gilt ja als einer, der unsterblich geworden ist, also ewig. Also muß es ja auch das Ewige geben im Buddhismus. Und so wie ich das als Laie verstehe, ist Atma der Begriff für etwas Ewiges, Unzerstörbares.
    Tatsächlich habe ich mich einmal darüber gewundert, was das Wort „dharma“ angeht. Weil ich dharma oft als „die Lehre des Buddha“ übersetzt gelesen hatte und auch von manchen Buddhisten das so mitbekommen hatte. Später , als ich dann Sanatana Dharma (Hinduismus)kennenlernte, lrente ich, dass das Wort dharma „Rechtschaffenheit; ethischer Verhaltenskodex, der die Harmonie von Welt, Gesellschaft und Individuum berücksichtigt“ bedeutet. Und das ist ja ein anderes Wissen und hat mehr mit der Heimat des Buddha zu tun und der Kultur als das Wort nur als „Lehre des Buddhas“ zu kennen.
    Im Sanskrit gibt es den Begriff, das Wort „ananta“, was „ohne Ende, grenzenlos, unendlich“ bedeutet. Aber es bedeutet ja nicht, dass es keine Grenzen (Landesgrenzen oder körperliche Grenzen) oder keinen Anfang (Pausenglocke) oder kein Ende grundsätzlich gibt. Als Laie würde ich jetzt überlegen, ob dies nicht darauf hindeutet, dass anatma natürlich nicht bedeutet, dass es atman nicht gibt, sondern, dass es zwischen beiden zu unterscheiden gilt.

    Wirklich bereichernd zu wissen in bezug zur Lehre des Buddha finde ich aber auch, dass die Lehre des Buddhas sich etwa bei der Überlieferung in China (um 300 n.Chr.) sehr veränderte und dort aus politischen und kulturellen Bedürfnissen der Herrscher und vielleicht auch der Menschen der Bevölkerung, dann andere Sinngebung und Interpretationen erfuhr. Das Herz des Buddhas, was sicherlich eindeutig in seiner Lehre zu erkennen gewesen sein wird, das Herz hinter seiner Lehre war dann vielleicht nicht mehr so leicht zu erkennen auch in bezug zu seinen indischen kulturellen, spirituellen Wurzeln.
    Etwa 350 n.Chr. wurden in China die mühevoll erarbeiteten Übersetzungen der indischen Lehre dann synthetisiert. Verschiedene sich anscheinend widersprechende Sutren wurden zusammengefasst mit aus chinesischer Sicht der Gelehrten sinnmachenden Schlußfolgerungen (vgl. Tansen Sen, „Buddhism, Diplomacy and Trade). In der späteren Phase der Verbreitung der Lehre in China wurden dann nicht mehr die Original-Übersetzungen, sondern die chinesischen Kommentare der Ausarbeitungen und Übersetzungen und auch aus der eigenen Phantasie geschöpfte Sutren, was der Buddha angeblich gesagt hatte, verwendet (Tansen Sen, Prof. Asien History, Univ. New York).
    Was ich in dem Kapitel des Buches auch so tragisch und bemerkenswert fand, war, dass die chinesischen Gelehrten damals dann in der Anfangsphase der neuen Philosophie und Religion Buddhismus dann in Auseinandersetzungen über die Lehre nur noch untereinander diskutierten, jedoch den Dialog mit indischen Gelehrten aus indischen Schulen gar nicht suchten. Es gab große Bemühungen, die Verbindung zu den Wurzeln des Buddhismus aus Indien zu trennen. Das hatte wohl politische Gründe. Selbst die eigentlichen Überbringer der Lehre wie Bhodidharma waren dann in den neu in China gegründeten Schulen nicht mit in den leitenden Positionen einbezogen. Die Führungspositionen in den Schulen hatten ausschließlich die Chinesen selbst.
    Es führte dann später, um 600 sogar im Klerus zu der Auffassung, dass Buddhismus in der echten Form erst in China entsanden sei und der Buddha sich sicherlich in China wieder inkarnieren würde und China zum heiligen Land aus buddhistischer Sicht geworden war – und dass man eigentlich moralisch dazu verpflichtet wäre, diese richtige Lehre des Buddhas aus China zurück nach Indien zu überführen, denn die Inder wüßten wohl noch nicht einmal mit Scherheit, wann der Buddha geboren sei. Der Autor schrieb auch, dass der lang bestandene „borderline complex“ der Chinesen gegenüber Indien bewältigt gewesen sei.
    In Tibet , dass sich zu der Zeit wohl schon länger für Budhismus interessiert hatte, aber Bön die praktizierte Religion wohl war, gerade um 640 zum ersten mal eine Vereinigung aller kleinerer Königreiche zu einem tibetischen Imperium vollzogen worden, ich meine zu erinnern unter dem damaligen König Tsongtsen Gampo (vgl. Snellgrove, „Indian Buddhism and Their Tibetan Successors“). Das Imperium war schon bald in der gesamten asiatischen Region gefürchtet, denn die tibetische Armee übernahm dann bald daruf die buddhistischen Königshäuser von Nepal, Burma, und auch das nicht-buddhistische Zhang Zhung und der tibetische König heiratete die jeweiligen buddhistischen Prinzessinnen. Da er die chinesische Prinzessin nicht sofort zugesprochen bekam, begann der Tibetische König dann sogar Krieg gegen das buddhistische China, bis die Chinesen nach drei Jahren ihm die Prinzessin Wang Chung zur Vermählung frei gaben. Sie mute dann auch mit vielen buddhistischen Mönchen mit nach Tibet gehen. Auf diese militärische, kriegerische Art kam Buddhismus nach Tibet.
    Tenzin, ich finde es toll, dass Sie Ihren Artikel auch deswegen geschrieben haben, um gegen mögliche Mißverständnisse, die auch zu nihilistischen Ansichten führen könnten, präventiv zu wirken. Was für mich persönlich dabei auch klar geworden ist, ist dass ich fürchte, dass manche Erklärungen im Buddhismus ebenfalls politisch oder zeitlich bedingt verfärbt sein könnten, z.B. etwa in bezug zum Begriff und der Philosophie vom atman und anatman.
    Wenn Sie zu Beginn also unterteilen zwischen indischer Philosophie und Buddhismus, dann ist das glaube ich schon nicht mehr richtig, denn der Buddha und seine Lehre sind ja auf jeden Fall ein Teil der gesamten weit über 5000 Jahre alten Philosophie (z.B. hat Krishna vor etwa 5000 Jahren in Indien gelebt und war ein lebendiges Beispiel der „Ewigen Wahrheit“ Indiens und hat u.a. etwa Arjurna die später als Bhagavad Gita berühmt gewordene Belehrung erteilt.) Die Schüler und weiteren späteren Schüler des Buddhas waren dann wohl wahrscheinlich irgendwann als Buddhisten bekannt, allerdings weiß ich nicht, wann das begann. Aber die Lehre des Buddhas ist ja nicht von Indischer Philosophie zu trennen, sondern der Buddha ist ja in Indien zu einer Zeit erschienen, in der es eben auf Grund der damals bestehenden gesellschaftlichen Gegebenheiten eben eine besonders große Gnade war und sehr viel Veränderungen zum Wohle der Menschen bewirkt hat im Land selber und auch in angrenzenden Ländern später. Bis heute ist der Buddha bei vielen Menschen in der Welt bekannt und seine Lehre wird studiert und in die Praxis umgesetzt.
    Die Lehre des indischen Prinzen, der sich entschloß, den Weg der Weisheit zu gehen, gelangte in verschiedene Länder und veränderte sich dann aus politischen und kulturellen Gründen anscheinend zum Teil sehr. Etwa der Buddhismus aus Tibet wird heutzutage von vielen sogar eher als Lamaismus bezeichnet, auf grund der stark politischen Verwobenheit. Da ich selber auch erheblichen Machtmißbrauch im tibetischen Buddhismus erfahren habe, von dem ich mir niemals im schlimmsten Traum so etwas hätte vorstellen können, spreche ich aus eigener Erfahrung bei der Differenzierung von Lamaismus und Buddhismus. Ähnlich wie es früher vor Martin Luther leider ja auch in der Bibel ganz andere Darlegungen der Lehre von Jesus Christus gab, die Martin Luther dann seinem Glauben an Gott entsprechend dann eben ganz anders auch vesrtand, eben aus einem anderen Glauben an Gott und eine neue Übersetzung anfertigte, die heute als Luther-Bibel noch bekannt ist. Damals hatten Würdenträger der Kirche vor Martin Luther´s Taten eben den Glauben auch zur Ausbeutung der Bevölkerung mißbraucht und einfach ganz andere, ihren Machtinteressen zuspielende Glaubensinhalte vermittelt.

    Gerade las ich einen Kommentar über einen Ende Februar in Berlin gehaltenen Vortrag eines tibetischen Meisters („Vajrayana Buddhismus in der modernen Welt“ von Dzongtsar Khyentse Rinpoche) im Zentrum von Sogyal Rinpoche. Eine deutsche Buddhistin schrieb in ihrem Kommentar auch über historische Aspekte der Lehre des Buddhas. Etwa in einer Randbemerkung, dass die Ausführungen des Rinpoches über frühbuddhistische Schulen aus ihrer Sicht „im Sinne eines guten innerbuddhistischen Dialoges leider keinen guten Eindruck“ hinterließen:
    „Zwar lagen seine (des Rinpoches) Worte auf der Linie vieler Maha- und Vajrayana-Schulen, die der Idee anhängen, dass der Buddha zu Beginn seiner Lehrtätigkeit einfache spirituelle Anleitungen gegeben habe, die sich später, mit zunehmenden Verständnis seiner Zuhörer, wandelten und vertieften, um zunächst zum Mahayana überzugehen und schließlich in den radikalsten und geistig am weitesten fortgeschrittenen Weg des Vajrayana zu münden. Nach allem, was die Forschung über den historischen Buddha und über den buddhistischen Textkorpus weiß, ist dies nicht haltbar, sondern ist zurückzuführen auf die Wanderung des Budhismus von Indien nach China.
    Weil in das Reich der Mitte so verwirrend viele Sutras mit wiedersprüchlichen Vorstellungen einsickerten, entstand dort der Wusch, nach einer Klärung und darum die Idee, die Lehren im Leben des Buddhas zu periodisieren und sie verschiedenen Lebens- und Lehrphasen zuzuordnen. Tatsächlich stammen die für das Maha- und Vajrayana charakteristischen Texte und ihre philosophischen Vorstellungen aus einer Zeit lange nach Lebzeiten des Buddha – was ihnen selbstverständlich nichts von iherer philosophischen Tiefgründigkeit und Weisheit nimmt.
    Jeder Mensch hat die Freiheit, die Weisheitslehren des Maha- und Vajrayana dem Theravada vorzuziehen, nur lässt sich dies im Licht eines auch buddhologisch haltbaren Buddhismus-Verständnis eben nicht aus angeblichen Lehrphasen des Buddha begründen. Es ist schade, wenn noch im Jahre 2018 angesehene buddhistische Lehrer es nicht verstehen, so über andere buddhistische Schulen zu sprechen, dass diese eine Wertschätzung erfahren, die nicht nur verbal behauptet wird, sondern beim Gegenüber auch mit einiger Wahrscheinlichkeit ankommt. Wer möchte schon gern als Baby- und Aschenputtel-Fraktion tituliert werden? … Insofern ist Dzongsar Khyentse Rinpoche im vollen Umfang beizupflichten: Wir alle müssen noch sehr viel lernen.“ (Zitiert aus Kommentar von Susanne Billig, „Wir alle müssen noch sehr viel lernen.“).
    Es scheint also viele Menschen zu geben (etwa Meister im Vajrayana-Buddhismus), die den Buddha und seine Lehre für sich beanspruchen als ihre Wahrheitsquelle, es tatsächlich aber noch nicht einmal direkt auf die Lehre des Buddhas zurück geht, was die Meister lehren.
    Und als ich Ihre Schlußfolgerung sah, Tenzin, dass die Theorie aus der indischen Philosophie vom atman als „ewiger Persönlichkeitsbestandtei“, von allen buddhistischen Schulen durch die Theorie vom anatman widerlegt wird, da dachte ich, dass glaube ich Äpfel mit Birnen verglichen werden. Und durch die Erklärung des brahmarcharis ( = unverheireteter zölibartärer Schüler eines gurus) von“atma – anatma viveka“ (s.o.) finde ich, dass mein erster Eindruck tatsächlich richtig war.
    Ich frage mich, ob es vielleicht viele grundsätzliche Gemeinsamkeiten zwischen der Lehre der „Ewigen Wahrheit“ (Sanatana Dharma / Hinduismus) und der Lehre von Siddharta Gautama, dem Buddha, gibt? Ich könnte es mir vorstellen, dass das so ist. Vielleicht ist wirklich einiges verloren gegangen in der weiteren Überlieferung aus China und Tibet oder Sri Lanka? Das halte ich für sehr wahrscheinlich, kenne mich aber nicht damit aus.
    Das wollte ich gern zu Ihrem Artikel, „Es gibt k/ein Selbst? Wie ist das mit dem Selbst im Buddhismus?“ anmerken.
    („Marie-Louise“)

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  • 29. Juni 2018 um 14:31 Uhr
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    Hallo „Marie-Louise“. Meinen Sie ernsthaft der Theravada wäre näher am brahmanischen und hinduistischen Verständnis zu verorten, daher ’näher dran‘ an rechter Sichtweise als sonstige Entwicklungen? Der Theravada negiert doch nun einen ‚Wesenskern‘ noch stärker als Mahayana, von ewigen Bewusstsein gar nicht zu sprechen. Tatsächlich unterstreicht keine buddh. Schule einen Atta- Selbstwesenskern oder Atman- ‚Universalseele(-Bewusstsein). Buddha-dhatu, ‚lauteres Bewusstsein‘ oder Nibbana ist das was da dann ‚genannt‘ wird. Ich finde das gut, weil schon die Begriffe nix zum Festhalten haben. :)

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  • 22. August 2018 um 11:47 Uhr
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    Hallo,
    habe gerade gestern den Aufsatz von einem Traleg Kyabgön Rinpoche gelesen, „In a nutshell: Self and no-self in Buddhism“, der auf der Seite „difficult issues in tibetan buddhism“ zu finden war.
    Ich weiß nicht, wie es anderen ging, die den Aufsatz gelesen haben, aber mir ist aufgefallen, dass die Darlegung des hinduistischen Glaubenssystems nicht richtig sind. Zwar gibt Traleg Kyabgön Rinpoche einen Satz aus dem Hinduismus richtigwieder, aber erklärt die Bedeutung des Satzes dann nicht korrekt, bzw. falsch.
    Außerdem erschien es mir so, dass der Rinpoche sich in seiner Darlegung auch selbst wiedersprochen hat bei seinen Ausführungen in bezug zum Begriff „observer“.
    Erst distanziert sich der Rinpoche ganz deutlich als tibetischer Buddhist von Hinduismus und sagt, dass es „im Buddhismus“ so etwas wie die Theorie von einem observer nicht gäbe, was besonders die Madhyamaka Tradition wohl betone. Aber ein paar Absätze später schreibt er, dass es „im Buddhismus“ natürlich einen observer gibt, aber natürlich nicht so wie im Hinduismus.
    Falls es jemanden interessieren sollte, was mir aufgefallen ist: Der Rinpoche scheint Hinduismus, speziell Vedanta, so verstanden zu haben, dass daran geglaubt wird, dass es einen „observer“ gäbe, „an observer that observes our experiences, feelings, perceptions, and so on, but is not those in itself.“ Er schreibt weiter, “ .. From a Buddhist position, apart from its fundamental objection to a soul substance, there is an additional problem here in getting caught up in the idea of such an obsever, which is the problem of infinite regress – the observer´s being observed, and another observer that observes that the other observer is being observed, and so on, …“ Von so einer angeblich hinduistischen Theorie, die der Rinpoche beschreibt, habe ich noch nie gehört; dass es einen observer gäbe, der einen anderen observer observes. Ich bin mir sicher, dass das kein echter Hinduismus ist, was der Rinpoche benennt. Könnte es vielleicht sein, dass das ein Teil der sogenannten „mind-only school“ im tibetischen Buddhismus ist, was ich einmal bei Snellgrove („Indian Buddhism and their Tibetan Successors“) gesehen habe, aber mir nicht genauer durchgelesen hatte? Ich glaube die „mind-only-school“ im tibetischen Buddhismus bezieht sich wohl auch auf hinduistische Glaubensinhalte, nur doch sehr anders – vielleicht stammt diese Theorie daraus?
    Dass was Traleg Kyabgön Rinpoche davor wiedergegeben hatte in bezug zu Hinduismus, dass scheint mir richtig. Er schreibt, dass im Hinduismus, speziell im Vedanta, an ein „witness consciousness – another notion of atman“ geglaubt wird. Wobei Traleg Kyabgön Rinpoche wohl es nicht richtig kennt, was das dann konkret bedeutet, nämlich nicht wie er es erklärt, dass es eine „extra entity, a real self“ gäbe, das ist wirklich völliger Unsinn. Ich frage mich, wo ein Rinpoche so etwas über Hinduismus gelernt hat und anscheinend dann auch vielleicht in seinem Buch das auch so falsch erklärt, das ja am Ende seines Aufsatzes genannt wird? Das finde ich ziemlich tragisch, so etwas zu verbreiten.
    Es ja so wieso schon einige Erklärungsmodelle im Tibetischen Buddhismus, über die man sich sehr wundern kann, z.B. die drei großen Dharmakönige, von denen einer etwa drei Jahre lang Krieg gegen das bereits seit dreihundert Jahren damals (um 640) buddhistische China führte, da er unbedingt auch die chinesische Prinzessin „haben“ wollte zur Frau. Er gilt noch heute als Bhodisattva, der nur aus Mitgefühl in der Welt war, tatsächlich aber eben gegen buddhistische Länder Krieg geführt hat und so auch Buddhismus nach Tibet brachte. Oder wenn der Dalai Lama z.B. deutlich gesagt in einem seiner Bücher, dass höhere Mönche, die gerade „Pause in ihrem Zölibat machen“ (so ist die tibetische Sichtweise, las ich) und mit Frauen als mudras üben körperlich, dass es nur von außen so aussehen würde als sei das Sex. Laut Dalai Lama sehe das nur von außen so aus. es sei kein Sex, sondern etwas ganz anderes (vgl. EMMA-Artikel , „Ihre Heiligkeit &der Sex“). Und auch andere erstaunliche Glaubensinhalte, die etwa bei „trimondi online magazin“ unter „Der Schatten des Dalai Lamas“ nachzulesen sind, etwa über den Glauben an Gynbuddhas. Und da es leider ja auch Verhaltensweisen in so zahlreicher Art von sexuellem Mißbrauch und Ausbeutung und Nötigung von Seiten tibetischer Lamas in den letzten Jahren gegeben hat, finde ich es wenig unterstützend für allgemeine Friedenswünsche und Respekt vor anderen Menschen und deren Glauben, wenn der Rinpoche hier wirklich Hinduismus „verunstaltet“ und ganz falsch darstellt. Es wird über andere Religionen bereits etwa durch Lama Ole Nydall, (Diamantweg) hergezogen, der wohl seit langem alle Muslime generell als böse und gefährlich darstellt vor seinen Schülern. Wegen diesem ganzen Hintergrund im tibetischen Buddhismus, finde ich es wirklich erstaunlich, dass der Rinpoche sich nicht mehr Mühe gegeben hat, bei seiner Recherche bzw. Darstellung über Hinduismus.
    Der Glaube im Hinduismus an den Atman meint, „Das Selbst; das ewige, glückselige Bewusstsein, das den Geist, den Körper und das Universum durchdringt und erleuchtet.“
    Und: „Atma-anatma viveka: Unterscheidung zwischen dem Atman (dem unveränderlichen Zeugen) und demjenigen, was nicht der Atman ist (alle Objekte, die der Veränderung unterliegen).“
    Der Rinpoche erklärt dann recht simpel, „There is no need to posit an extra entity, a real self, to have the idea of an observer, because the function of consciousness is to observe and be aware“. Das wundert mich, dass der Rinpoche seinen eigenen Glauben im tibetischen Buddhismu dazu benutzt, andere Weisheiten herabzuwerten als „unnötig“. Man könnte doch sagen, die glauben daran, wir glauben daran. Aber er sagt: „There is no need to posit… to have…“ Tatsächlich ist es aber gar kein Hinduismus, auf den er sich da bezieht. Denn im Hinduismus wird keine „extra entity“ of „the real self“ postuliert. Die Basis, auf der er seinen Vergleich und seine Distanzierung zum Hinduismus aufbaut, ist nicht richtig. Er irrt sich mit seiner Erklärung, was im Hinduismus angeblich postuliert wird.
    Amma (Mata Amritanandamayi), die spirituelle Meisterin, ein Sadguru, der ich mich anvertraut habe als spirituelle Aspirantin, hat einmal gesagt, dass Wasser 20, 40, 80, oder 100 Grad sein kann, aber das nur kochendes Wasser alle Bakterien aus dem Wasser bereinigt. Und das Abwasser, Leitungswasser, Teichwasser, Mineralwasser alles Wasser ist, aber „Would you drink all of them? No.“ Wofür dienen spirituelle Übungen? Auch zur Reinigung des Geistes. Jeder Mensch ist laut Hinduismus Bewußtsein, das Selbst; in der Art sind wir alle gleich. Aber natürlich sind Menschen individuell verschieden. Und im Hinduismus kann man lernen, dass dasjenige Gefühl, welches dem wahren Selbst (was keine „extra entity“ ist) am nächsten ist, Liebe ist. Und dass das auch unsere wahre Natur, unsere Essenz ist.
    Oder: Im Hinduismus bedeutet etwa Maya, so wie ja auch der Name der Mutter von Siddharta Gautama (der Buddha) war, nicht „non-existing“, sondern „ever-changing“. Amma erklärte es einmal am Beispiel einer Blume. Angenommen da ist eine Blume in voller Blüte. Und wir erfreuen uns an ihrer Farbe und ihrem Duft. Aber gegen Abend ist die selbe Blume fast verwelkt. Mit dem Verständnis soll man sich an der Blume erfreuen, dass alles Wandel ist. Wenn die Blume verwelkt, dann braucht man mit Hilfe eines solchen Verständnisses nicht deswegen weinen. Amma sagt, dass Maya nicht bedeutet, dass die Blume niemals existiert hat, sondern dass es ein steter Zustand von Veränderung ist. „Maya does not mean non-existing, it means ever changing.“ „The ever changing nature of the world.“
    Manche fragen sich, „Wer bin ich eigentlich wirklich?“ Und über Kontemplation kann man feststellen, egal ob man einer der religiösen Traditionen angehört oder nicht, dass man nicht der Körper ist, auch nicht der Geist oder die Gedanken und Vorstellungen. In der Meditation kann man üben, Gedanken wie Wolken am Himmel, einfach vorbeiziehen zu lassen. Und mit einiger Zeit ist man vielleicht darin sehr geübt und stellt fest, dass man „aware of“ seiner Gedanken ist, die entstehen. Man kann durch Meditation und andere spirituelle Übungen und Dienst am Nächsten (selbstloses Dienen, seva) immer etwas mehr zum wahren Selbst werden, wie man eigentlich wirklich ist als Mensch. Das ist aber keine „extra entity, a real self“, wie Traleg Kyabgön Rinpoche dies über Hinduismus behauptet.
    Amma hat einmal über Vedanta gesagt: „Unsere Schriften erwähnen das dritte Auge. Viele warten auf eine Öffnung zwischen den Augenbrauen. Das wird jedoch nicht geschehen. Bei der Öffnung des dritten Auges handelt es sich vielmehr um eine innere Bewußtseinserweiterung, bei der die Unterscheidung von ´ìch´ und ´du´ verschwindet, während wir durch unsere zwei Augen schauen. Das is wahre vedantische Erfahrung. Dieses nicht-duale Bewußtsein wird als Sri Parameshvaras (Shivas) drittes Auge bezeichnet. … Es entspricht ganz und gar nicht advaita, wenn man angesichts der Kümmernisse der Menschen lediglich sagt, „Ich bin das Selbst. Ich bin jenseits von allem“, anstatt sich zu bemühen zu trösten und zu helfen. Solche Menschen sind weder echte Vedantins noch wirklich religiös. …“ (2013).
    Und wenn Traleg Kyabgön Rinpoche dann erklärt, dass Buddhismus sich von Hinduismus darin unterscheidet, dass es eben kein „unchanging real me“ gibt, dann gibt er Hinduismus nicht richtig mit der Behauptung wieder. Er hat es anscheinend so verstanden, dass es ja schließlich ein Prozeß sei, den man durchlaufe und man deswegen im Buddhismus nie sagen könne irgendwann, „Well, this is me.“ Und wenn man das verstanden habe im Buddhismus, dann würde man auch realisieren, „no self“. Er schreibt: „When we discover that, we realize no self.“ Nur das, was der Rinpoche als Erkenntnis von „no self“ beschreibt bezieht sich nicht auf das, was im Hinduismus als das Selbst, der Atman, bekannt ist (glückseliges Bewußtsein).
    Tatsächlich ist es im Hinduismus auch so, dass es natürlich möglich ist Fortschritte auf dem spirituellen Übungsweg zu machen. Und dass es nicht so gemeint ist, wie der Rinpoche es darstellt, das man ein „unchanging real me“ irgendwann in der Meditation dann finden würde. Das ist keine richtige Erklärung über Hinduismus. Mit unchanging ist nicht gemeint, dass man zu einer bestimmten authentischen Persönlichkeit wird, etwa mit Hilfe von Psychotherapie oder Coaching, sondern mit „unchanging“ wird bezug genommen auf den Atman, das Selbst, das glückselige Bewußtsein, das man ist, das den Geist, den Körper und das Universum durchdringt und erleuchtet.
    Und so muß man sich wahrscheinlich wenigstens etwas mit Hinduismus beschäftigt haben und wahrscheinlich wenigstens etwas versucht haben, zu verstehen, woran geglaubt wird, wenn man dann direkt benennen möchte, worin die Unterschiede etwa zu tibetischem Buddhismus bestehen. Denn wenn man einfach nur ein paar Sätze dazu vielleicht gelesen haben mag, kann es doch zu großen Mißverständnissen kommen, wie es hier jedenfalls passiert ist. Auch ist tibetischer Buddhismus ja sehr eigen und z.B. auch in manchen grundsätzlichen Dingen sogar verschieden von Zen-Buddhismus, in dem es etwa heißt, „Der Kreis ist immer offen.“ Deswegen finde ich es fraglich, ob es so hilfreich ist, die Theorien im tibetischen Buddhismus als, „im Buddhismus ist es so“ zu erklären.
    Was ich auch etwas irritierend fand, ist, dass der Rinpoche zuerst ganz klar sich distanziert von der Theorie eines „observers“: „Certain traditions point to the observer itself as something akin to this real self. Buddhism, though, and particularly the Madhyamaka tradition, negates this view of an observer as well and so is clearly distinguishable from the direction of particular Hindu traditions.“ Und dann sogar recht vehement sagt: „There is no need to posit an extra entity. a real self, to have the idea of an observer, because the function of consciousness is to observe and be aware.“ … Und dann aber ein paar Sätze später erklärt: „There is an observer in Buddhism of course, just not an unchanging ´real me`, that observes.“
    Ich muß sagen, dass ich die Art und Weise, wie der Rinpoche da versucht, sich ganz klar als Buddhist vom Hinduismus zu distanzieren, dass es nicht gut gelungen ist, weil die Darstellung des Hinduismus einfach falsch ist. Das ist finde ich recht erstaunlich und wenig förderlich aus dharma (Rechtschaffenheit, Pflicht) Perspektive. Es gibt doch bereits so viel Leid in der Welt. Warum hat der Rinpoche sich nicht mehr bemüht, dass es zu keinen groben falschen Darstellungen kommt, die ja beim Leser die Unwissenheit (Dunkelheit), vielleicht auch Vorurteile gegenüber anders Gläubigen, nur noch mehr verstärkt? Und dass, obwohl der Buddha doch ein indischer Prinz war?
    Im heutigen Indien ist seit langer Zeit ausgerechnet Bihar, der Bundesstaat, wo Bodh Gaya ist, der Erleuchtungsort des Buddhas, wo auch der Baum ist unter dem der Buddha „erwachte“, der ärmste Staat in ganz Indien. Obwohl dort tausende von Pilgerern jährlich hinkommen und zahlreiche Tempel dort stehen. Das finde ich sehr tragisch. Dabei leben in Indien Angehörige verschiedener spiritueller Traditionen generell sehr friedlich nebeneinander (Hindus, Sikhs, Muslime, Christen, Buddhisten, u.a.).
    Es geht im Hinduismus um keine „echte Persönlichkeit“, die man dann als „unchanging“ als Glaube dann erlebt. Es geht darum, dass man als Mensch meist mit seinem Körper und Gedanken und Vorstellungen identifiziert ist und dann durch Meditation, Reflektion und Studium der Heiligen Schriften dann immer mehr sich selbst kennenlernt, bis man vielleicht zu einem Jnanani, einem „knower of the Self“ wird. Man kennt sich dann darin aus eigener Erfahrung aus, was ewig ist und was vergänglich. Ein devotee, der ein berühmter Meister wurde, Adi Shankaracharya, sang als Kind wohl schon immer Hymnen zu Ehren Gottes und sang im Refrain, „Ich bin Shiva, ich bin Shiva, das glückselige Bewußtsein Shiva.“ Er hielt sich nicht für eine andere Person als Mensch, sondern war voller Hingabe an das höchste Bewußtsein, an Gott in Form von Shiva und übte sich damit zu identifizieren. Und übte dann später auch bei einem Guru, unter dessen Führung und Anleitung, das selber zu verwirklichen, was er als Kind bereits besang. Vielleicht ganz ähnlich wie sich manche Buddhisten, die das „kostbare Streben nach Erleuchtung zum Wohle aller Wesen“ besingen, vielleicht auch wünschen, einmal auch zu erwachen, wie der Buddha. Amma sagt: „We are not candles lit by others, but the self-effulgent sun. We are not crying kittens, but lions who can roar if they so choose.“ (Aus Belehrung über „Maya does not mean non-existing, it means ever-changing“, 2017)
    Im Zen-Buddhismus heißt eine berühmte Frage über die spirituelle Aspiranten nachsinnen: „Hat ein Hund auch Buddhanatur?“ Und ein brahmachari bei Amma schrieb einmal, dass jeder Baum im Wald blühen wird, aber eben wenn es seine Zeit dafür ist.
    Amma sagt:
    „Der Mensch läßt sich mit einem Saatkorn vergleichen. Das Saatkorn findet seine wahre Form im Baum.
    Die wahre Gestalt eines Saatkorns ist also die eines Baumes.
    Die Wirklichkeit, die jedem Menschenwesen zugrunde liegt, ist reines Bewußtsein. Solange aus dem Saatkorn noch kein Baum entsteht, bleibt es in der Dunkelheit seiner äußeren Schale gefangen. Das ist ein schmerzhafter und unglückseliger Zustand.
    In vergleichbarer Weise erfahren wir nichts als Leid, bis wir die uns umhüllende Schale des Egos brechen.
    Bis dahin können wir uns nicht an der allumfassenden Seligkeit des lichten Selbstes erfreuen.
    Das ist die Botschaft aller vollkommener Meister.“

    Das wollte ich gern zu dem Artikel von Traleg Kyabgön Rinpoche, „In a nutshell: self and no-self in buddhism“, anmerken.
    „Marie-Louise“

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    • 25. August 2018 um 14:23 Uhr
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      Daß Du von Amma überzeugt bist, ist sehr erfreulich, dennoch fallen mir einige Dinge zu Deinem Post auf: Traleg Kyabgön Rinpoche schreibt eindeutig von einigen, nicht allen, Richtungen des Hinduismus (der ja höchst unterschiedliche Glaubensrichtungen subsummiert) und seinem buddhistischen Blick darauf. Daß er von der Richtigkeit seiner Sichweise überzeugt ist, verwundert mich erst einmal nicht. Ihm ging es aber besonders darum, dem gemeinen Westler die Unterschiede des Begriffs selbst oder Nicht-Selbst zwischen Hinduismus und Buddhismus auseinander zu dividieren. Das Problem des „observers“ ist im übrigen (wenn ich meine rudimentären Kenntnisse zusammenkratze) auch ein Problem der abendländischen Philosophie (Stichwort unbewegter Beweger).
      Was Ammas Übersetzung des Wortes „Maya“ anbelangt: Kann es sein, daß dieser Begriff verschiedene Übersetzungen zuläßt?
      Du zitierst EMMA und die Trimondis, um bestimmte Probleme in Bezug auf den Umgang mit der Sexualität im buddhistischen Tantra darzulegen. Tenzin Peljor hat aus seiner Website gut dargelegt, daß weder die Trimondis, noch Colin Goldner als seriöe Quellen taugen.

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