Sekten als Droge?

„Sie müssen sich das wie bei einem Drogenabhängigen vorstellen, dem plötzlich der Stoff ausgeht. Scientology wirkt wie eine Euphorisierungsmachine, ohne die Sie glauben nicht mehr leben zu können.“

Kann ich nur unterschreiben. Tatsächlich sind Abhängigkeiten und Schwierigkeiten eines Ausstiegs aus sogenannten Sekten mit den Dynamiken von Drogenabhängigen zu ihrem Suchtstoff vergleichbar.

Der Einsteiger macht erst mal gute Erfahrungen, hat „Gewinne“. Diese werden in der Gruppe positiv verstärkt. Man bekommt das Gefühl vermittelt, etwas Besonderes zu sein, besonderes Talent zu haben (um im „Buddhistensprech“ zu bleiben: „gutes Karma zu haben“). So steigt Stolz und Wahn in einem auf, der zu einer Verzerrung der Wahrnehmung führt. Dadurch denkt man, dass die Sache und man selbst etwas „ganz Besonderes“ wäre.

Das Mitglied muss sich aber auch immer mehr anstrengen und in die Gruppe einbringen, um noch mehr „Gewinne“ (oder „Verdienste“) zu erlangen, damit es das Ziel „Clear“ (oder Erleuchtung) erreicht. Natürlich führt der Weg dahin nur über die Programme der Gruppe, die man sich durch hingebungsvolles Arbeiten (arbeiten rund um die Uhr, für [fast oder gar] nix und ohne Sozialabgaben, Krankenversicherung etc) oder Geld erkaufen kann. Auftauchende Schwierigkeiten sind kein Fehler des „Stoffes“ (der Sekte, ihrer Struktur und Ideologie) sondern des Mitglieds, das nicht „rein“ genug ist, „zu viel Ego“ hat oder „ganz negativ“ gegenüber der Gruppe, ihrer Ideologie und ihrem Führers geworden ist. „Mara“ (das Böse, ein Verräter, ein Verblendeter, eine Verschwörung etc.) hat das Mitglied im Griff und es muss natürlich aus den Klauen dieses Monsters befreit werden … (zu seinem eigenen und dem Wohl anderer natürlich).

Eben weil man am Anfang gute Erfahrungen machte, glaubt man an die Gültigkeit des Systems der Sekte und zweifelt sich bei negativen Erfahrungen eher selbst an, als dass man die Sekte, Ihre Methoden oder gar ihren Führer infrage stellt … das ist so wie bei einem Drogenabhängigen, der merkt, dass die Droge nicht mehr das bringt, was sie am Anfang brachte, aber weiter an den ursprünglichen Erfahrungen klebt und glaubt, diese könnten durch intensiveren Konsum (oder „Hingabe“, „Vertrauen“) wieder erfahren werden. Aber je mehr er das tut, desto tiefer versinkt er im Leid, das durch die „Nebenwirkungen“ der Droge (Sekte) entsteht.

Am Ende gilt: Ohne Gruppe, Tradition, Guru etc. kein Glück mehr … Erlösung kann nur noch in und durch die Gruppe, ihre Doktrin und Führer gefunden werden. Die totale Abhängigkeit, statt Freiheit und Erleuchtung, ist erlangt.

Noch schlimmer ist es zu sehen, wie der Wahn, das schleichende Gift, nicht nur Menschen kaputt macht sondern auch Familien trennt und zerstört …



Sekten als Droge?

3 Gedanken zu „Sekten als Droge?

  • 15. April 2012 um 22:58 Uhr
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    auch zu empfehlen:
    „David Wants to Fly“, David Lynch, Donavan, Paul McCartney, Ringo Starr und Transzendentale Meditation: http://www.linktv.org/programs/david-wants-to-fly
    und:
    wie Rechtsextreme ihre Kinder erziehen. „Was ihnen geholfen hat … sie ernst zu nehmen, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen und sie mit ihrer Idelologie in Widersprüche verwickeln“

    Antworten
  • 4. November 2013 um 12:37 Uhr
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    Eine Sekte unterscheidet sich zur Kirche in ihrer Mitgliederzahl. Als die erste Gemeinschaft der Ur-Christen noch klein war wurde sie in der Bibel als Sekte der Nazarener bezeichnet; siehe Apostelgeschichte 24.5 und 24.14 (Vor dem Statthalter Felix) . Heute hat sie ihre eigenen Sektenbeauftragten die bestimmen welche Gruppierung problematisch ist. http://wp.me/p2Cfx3-1gd

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    • 4. November 2013 um 20:11 Uhr
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      Der Begriff Sekte ist umstritten und wird unterschiedlich verstanden:
      http://buddhistische-sekten.de/Einleitung.html#Sektenbegriff

      Wenn ich den Begriff verwende meine ich Systeme/Zusammenhänge in denen Menschen systematische abhängig gemacht werden und zur Befriedigung der Macht, sexuellen, finanziellen, emotionalen oder Aufmerksamkeits Bedürfnisse des Leiters missbraucht und ausgenutzt werden. Mir geht es also um sozio-emotionale Dynamiken, die sich auch in Familienstrukturen oder Firmen finden können. Um diese Dynamiken zu verdeutlichen vergleiche ich sie häufig mit den Vorzügen und Nachteilen von Drogen und dem Abhängigwerden von Drogen.

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