Die Gesellschaft zur Erhaltung der Mahayana-Tradition (FPMT) beschloss 1996, die bis dahin größte Statue der Welt mit 152 m Gesamthöhe in Bodhgaya, Indien, zu bauen. Zum Vergleich: Die Freiheitsstatue in New York hat eine Gesamthöhe von 93 m. Die Planungen begannen 1990.¹
Über Reliquientouren, die ab 2001 weltweit stattfanden und bei denen Reliquien des historischen Buddha, seiner Schüler und Meister in einer Ausstellung gezeigt wurden, wurde das Maitreya Projekt der FPMT² bekannt gemacht und Spenden gesammelt. Den Besuchern der Reliquien-Ausstellung sollte zudem Segen und heilsame Kraft durch das Begegnen mit den Reliquien zuteil werden. Laut FPMT sei diese Reliquien-Ausstellung mit insgesamt über 1.000 Reliquien durch 68 Länder gereist und habe über 2,35 Millionen Menschen erreicht. Geplant war, die Reliquien später im Innersten, dem Herzschrein der Maitreya Statue, aufzubewahren.
Die Maitreya Statue sollte in einer der ärmsten Gegenden Indiens von dieser transnationalen buddhistischen Organisation, FPMT Inc., mit internationalem Hauptsitz in Portland (USA) gebaut werden. Die bisher größte buddhistische und weltweit zweitgrößte Statue, Laykyun Setkyar (Gesamthöhe 129 m), wurde 2008 in Burma fertiggestellt.
Lama Yeshe (1935–1984), ein tibetischer Lehrer der Gelug Tradition und Gründer der FPMT, wollte Indien aus Dankbarkeit für das großzügige Asyl, das die Inder Geflüchteten aus Tibet gaben, eine Maitreya Statue schenken. Maitreya ist bekannt als der Buddha der Liebe (skt. maitrī) und als der kommende 5. Buddha. Zur Größe der Statue äußerte Lama Yeshe sich nicht. Lama Zopa Rinpoche – sein engster Schüler und sein Nachfolger als spiritueller Leiter der FPMT sowie spiritueller Direktor des Maitreya Projektes – erklärte später den Bau der Statue zu seinem „Herz-Projekt“.
Während Lama Zopa Rinpoche unermesslichen spirituellen Nutzen³ für die vor Ort sehr armen Menschen in Indien sieht, wehrten sich viele der Bauern, deren Ackerland für das Projekt genutzt werden soll, vehement gegen das Projekt – u.a. mit Graswurzel-Initiativen und Hungerstreiks.
Nachfolgend ein Überblick über die von Jessica Falcone beschriebenen drei Phasen des Projektes.
Maitreya Projekt 1.0 (1994-2003): Ca. 12 Hektar⁴ fruchtbares Ackerland wurden in Bodhgaya, dem Ort an dem der Buddha erwachte, erworben. Zu Widerstand und Kontroversen führte, dass fruchtbares Ackerland – statt unfruchtbares Brachland – erworben wurde und dass die Statue fast dreimal so groß wie der Mahabodhi Tempel (55 m) sein sollte. Dies würde das spirituelle Gleichgewicht des Ortes stören und sei respektlos wurde moniert. Auch dass bei enormer Armut und ökonomischer Not sowie starker Korruption und Gefahr von Gentrifizierung $150 Mio. für eine Statue ausgegeben werden sollte, rief Kritik hervor. Der Maitreya Project International (MPI) Vertreter in Bodhgaya, ein Inder, hatte zudem einen zweifelhaften Ruf. Der Dalai Lama segnete das Projekt erst ab, als das MPI zusagte, zusätzlich soziale und pädagogische Dienste anzubieten. Von einigen Indern wurde das Projekt auch begrüßt. Die korrupte lokale indische Regierung von Bihar besaß kleine Landsprengsel im erworbenen Land und versuchte MPI mit überzogenen Preisen zu erpressen. MPI wollte diese nicht zahlen.
Maitreya Projekt 2.0 (2003-2012): Die indische Regierung von Uttar Pradesh zeigte Interesse am Maitreya Projekt. MPI gelang es die Landforderungen im Gebiet von Kushinagar (der Ort von Buddhas Tod) auf unverhältnismäßige 304 Hektar⁴ hochzuschrauben – auch hier fruchtbares Ackerland. Vor Ort hatte das MPI keinen lokalen Vertreter, Büro oder Ansprechpartner. Niemand sprach mit der lokalen Bevölkerung. Mittels einem Landerwerbgesetz aus der britischen Kolonialzeit sollte via der lokalen Regierung den Bauern das Land – bei viel zu geringer finanzieller Kompensation – abgekauft bzw. weggenommen werden. Laut Vertrag verpachtet die Uttar Pradesh Regierung nach der Landübernahme dieses für einen indischen Rupie kontinuierlich an das MPI. Gegen die Landübernahme wehrten sich viele Bauern und deren Familien, die seit Generationen vom Ackerbau leben, deren Familien, deren Einbettung in die soziale Gemeinschaft, deren Häuser und Lebensbedingungen vom Ackerland abhängig sind. Nicht nur verschweigt MPI bis heute diese Kontroverse, ein MPI Vertreter versuchte auch vehement Kritik aus dem Wikipedia Artikel zum Projekt zu löschen. Wegen Gerüchten und negativen Presseberichten wurde MPI 2007 gezwungen die Finanzen offen zu legen: $19 Mio. wurden ausgegeben, $6 Mio. wurden bis dahin Schulden gemacht. Im Herbst 2008 fuhr Lama Zopa Rinpoche mit Unterstützen inkognito zum begehrten Land in Kushinagar und führte im Geheimen eine Puja zur Vertreibung böser Geister und zur Überwindung der zahllosen Hindernisse durch. Falcone: „Aus einer Kushinagari Perspektive waren die größten Hindernisse, die dem MPI im Wege standen, verzweifelte indische Bauern aber nicht zornige Geister.“ Im Herbst 2012 verkündete MPI den Stopp des Projektes.
Maitreya Projekt 3.0 (seit 2012): Im Jahr 2016 verkündete eine neue MPI Website, dass in Kushinagar eine kleinere Statue, 43 m, gebaut werden soll. Die Times of India berichtete im selben Jahr, dass das MPI 79 ha⁴ Land kontinuierlich für einen indischen Rupie pachtet. Die Statue soll – wie auch die ursprünglich in Bodhgaya geplante – 1.000 Jahre bestehen. In Bodhgaya soll außerdem auf den erworbenen ca. 12 ha⁴ eine zweite Statue gebaut werden. Über deren Größe ist nichts bekannt.
Aktuelle Informationen der FPMT zum Projekt: https://fpmt.org/projects/other/maitreya/ und http://mbpkushinagar.org
Dies ist die ungekürzte Version des Artikels von Tenzin Peljor für Buddhismus Aktuell aus der Ausgabe 1/2020 Seiten 78-79.
¹ siehe Buchbesprechung zu „Battling the Buddha of Love“ in Ausgabe 4/2019
² Die Website für die Tour, www.maitreyarelictour.com, ist mittlerweile eine Art Reiseblog geworden. Die Website für das Maitreya-Projekt, www.maitreya-statue.org, existiert zwar noch, wurde aber scheinbar seit 2005 nicht mehr aktualisiert. Laut internationalem Büro der FPMT handelt es sich um eine sehr alte Website über die leider die Kontrolle verloren ging, nachdem es einige personelle Veränderungen gab. Den letzten aktualisierten Eintrag zum Projekt, den ich online finden konnte, stammt von der FPMT Inc. (USA) Facebook-Seite und datiert auf den 29. Juni 2016. Dort wird bekannt gegeben, dass „das Maitreya Buddha Projekt Kushinagar und Buddha Maitreya Bodhgaya (ehemals Maitreya Projekt Bodhgaya) … weiterhin Fortschritte“ mache.
³ “How the Maitreya Project Will Benefit Others” By Kyabje Lama Zopa Rinpoche
⁴ Korrektur 24.4.21: Im Original Artikel wurden acres mit Hektar gleichgesetzt, also fälschlich 30 Hektar, 750 und 196 Hektar angegeben. Richtig sind jedoch 12, 304 und 79 Hektar, wenn man acres in Hektar umrechnet. Diesen Fehler bitte ich zu entschuldigen.
Update April 2021
Die FPMT veröffentlichte ein Update zum Maitreya-Projekt, genauer gesagt über das Maitreya-Projekt-Land in Bodhgaya. Das „wertvolle erstklassige Land“ (zwölf Hektar) wurde Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama geschenkt. Lama Zopas Vision der Maitreya-Statue für Bodhgaya werde nun mit der Vision des 14. Dalai Lama verschmelzen, ein internationales Institut zu errichten, das „die Weisheit der Nalanda-Tradition weitergeben wird“ – wie es im Update heißt. Die ursprüngliche Vision von Lama Zopa Rinpoche, eine 152 m große Maitreya Statue in Bodhgaya zu bauen, scheint sich geändert zu haben, im Update heißt es: „Rinpoche hat die Vision, viele Statuen des Maitreya Buddha auf der ganzen Welt zu erschaffen.“ Für einen Überblick zu sozialen Aktivitäten der FPMT 2020, siehe FPMT Rückblick 2020.